Vampire Weekend – Father Of The Bride

In Reviews von Eric

Auch wenn das letzte Vampire-Weekend-Album „Modern Vampires Of The City“ etwas blass und unentschlossen war, merkte man der Band an, dass sie sich vom mit den beiden ersten LPs verdienten Ruf der distinguierten New Yorker Hipster lösen wollte: weg vom Indiepop mit Afrobeat-Anleihen, hin zu einem offeneren, diverseren Sound.

Diese Entwicklung scheint nun, sechs Jahre später, mit dem neuen Album „Father Of The Bride“ ihren Abschluss gefunden zu haben. Das 18 Songs umfassende Werk kennt wenig Genre- und noch weniger Geschmacksgrenzen, es probiert viel aus und mutet den Hörer*innen auch einiges zu, belohnt aber mit vielen tollen Stücken, die ihre struppige Komplexität erst nach und nach preisgeben.

Die erste Single „Harmony Hall“ zitiert die Textzeile „I don’t wanna live like this, but I don’t wanna die“ aus dem vorangegangenen Album, auch der eigentlich ausgestiegene Rostam Batmanglij wirkt hier noch einmal mit. Der Song kommt – wie viele der folgenden auch – mit einer unwiderstehlichen Melodie, die das Trio in diesem Fall in Paul-Simon-Harmonien und eine hüpfende Pianolinie kleidet. Entgegen ihres Rufs wirkt auf „Father Of The Bride“ wenig geplant – eher kommt die Doppel-LP wie ein Skizzenbuch daher, das tatsächlich in Gänze umgesetzt wurde. So findet sicher jede*r seine Lieblingssongs, so dass es schwerfällt, bestimmte herauszuheben. Es seien dennoch hier genannt: das Folk-Stück „Hold You Now“, bei dem (und bei weiteren Songs) Danielle Haim mitsingt, und das immer wieder von einem Chor-Sample, das aus dem Film „Der schmale Grat“ stammt, unterbrochen wird; der Surf-Beat von „This Life“ – produziert von Mark Ronson; die Beatles-Meditation „Big Blue“; der Western-Soundtrack-meets-Flamenco-Song „Sympathy“; der Lagerfeuer-Schunkler „We Belong Together“. Im Abschlussstück „Jerusalem, New York, Berlin“ nimmt Frontmann Ezra Koenig zu Pianotupfern auf die Balfour-Deklaration Bezug, die sich für die Gründung eines jüdischen Staates einsetzte.

„Father Of The Bride“ fühlt und hört sich an, als hätten Vampire Weekend sechs Jahre lang die Luft angehalten, um nun in einem kolossalen, bunten Pusten alles herauszulassen. Ein großer Spaß. Oder wie Gastgitarrist Steve Lacy zu Beginn eines Songs sagt: „It’s not that serious!“

Tracklisting

  1. Hold You Now
  2. Harmony Hall
  3. Bambina
  4. This Life
  5. Big Blue
  6. How Long
  7. Unbearably White
  8. Rich Man
  9. Married In A Gold Rush
  10. My Mistake
  11. Sympathy
  12. Sunflower
  13. Flower Moon
  14. 2021
  15. We Belong Together
  16. Stranger
  17. Spring Snow
  18. Jerusalem, New York, Berlin