Gregor McEwan

In Interviews von Wolf

Foto: Kati von Schwerin

Man konnte es sich ja denken: Die Veröffentlichung seiner Jahreszeiten-EPs folgte einem größeren Plan. Nun veröffentlicht Gregor McEwan sie alle gesammelt (und mit dem Bonus-Song „Four Seasons“) auf einer Doppel-LP. Jeweils eine Seite pro Jahreszeit. Zu diesem Anlass konnten wir den vielbeschäftigten Musiker für ein Interview an den Hörer bekommen.

Soundmag: Hallo Gregor, zum Anfang eine allgemeine Frage: Würdest Du lieber gegen eine Ente kämpfen, die so groß ist wie ein Pferd, oder gegen hundert Pferde, die so groß sind wie Enten?

Gregor: (überlegt lange) Lieber die Ente, da muss ich mich nur auf einen Gegner konzentrieren.

Soundmag: Auch Dein Lieblingsverein Schalke 04 kämpft gerade mit seinem Sponsor Gazprom und hat ihm gekündigt. Was denkst Du dazu?

Gregor: Durch die königsblaue Vereinsbrille habe ich mir ja über all die Jahre wirklich nichts mehr gewünscht, als dass mein Club den Schweinepriester Tönnix und Gaznon los wird. Nur gehört es leider auch zur Schalkigkeit, dass es dafür offensichtlich einer Pandemie und eines Überfallkrieges bedarf und es in einer Zeit geschieht, in der mir der Fußball nicht egaler sein könnte.

Soundmag: Der Fußball ist Dir inzwischen egal? Weil gerade der Krieg aktueller ist oder allgemein?

Gregor: Schon während der ganzen Pandemie. Der Fußball wurde da ständig bevorteilt. Zuletzt stellte sich doch noch Aki Watzke hin und beschwerte sich darüber, dass drinnen in Theatern vor 90 Prozent Publikum gespielt werden dürfe, draußen auf dem Fußballplatz aber nicht. Dabei muss sich der Fußball da wirklich nicht aufregen. Ich glaube, dass der (große) Fußball in dieser Zeit eine Menge Fans verloren hat, die eh schon damit geliebäugelt hatten, sich lieber mal ein Kreisligaspiel bei einer Bratwurst anzusehen. Es ist auch sehr schade, dass es erst zu solchen Vorfällen kommen muss, damit jemand reagiert. Schalke hat diesen Schritt zwar nun getan, aber bei Euro- oder Champions-League-Spielen wird die Werbung ja trotzdem wieder hängen.

Soundmag: Da hast Du Recht. Ich habe auch einen Freund der kürzlich bei Union ausgetreten ist, weil er mit deren Corona-Verhalten nicht einverstanden war. Aber kommen wir zu Deinem Album. Da geht es ja um die Jahreszeiten. Was bedeuten die und der Wandel für Dich und wie veränderst Du selbst Dich über das Jahr?

Gregor: Erstmal hoffe ich, dass das Klima weiter so bestehen bleibt und es weiterhin Jahreszeiten gibt. Ansonsten ändert sich natürlich die Stimmungslage, die Kleidung, Getränke. Aber zum Album kam es dadurch, dass mir bei vier/fünf Songs, die ich geschrieben hatte, auffiel, dass sie alle einen Bezug zu Jahreszeiten hatten. Da das kommende Album mein viertes werden sollte, passte das natürlich mit den vier Jahreszeiten und die Idee war geboren. Als das Thema feststand, kamen die Songs auch ganz schnell zustande. Teilweise war das dann auch etwas konstruiert. Auf der Frühlings-EP gibt es beispielsweise einen Song der eigentlich nichts mit Frühling zu tun hat, er enthält nur den Effekt „Spring Reverb“. Von der Stimmung her hat er aber gepasst und ich fand, das ist ein guter Gag, also kam er mit drauf.

Soundmag: Mit am interessantesten auf der Platte finde ich die Songs, die ein bisschen aus der Rolle fallen und rockige oder elektronische Elemente haben. Sind die auch geplant oder eher spontan entstanden?

Gregor: Auf der letzten Platte hatte ich ja auch schon einen Song, der aus dem typischen Folk ausbrach und sich in Richtung Post-Rock bewegte. Den fand ich ziemlich cool, denn ich höre privat ja auch nicht nur Folk und Britpop, sondern auch frühen Emo wie Get Up Kids oder Weakerthans. Außerdem Filmmusik, da hatte ich ja auch schon ein entsprechendes Stück auf dem letzten Album. Das wollte ich nun steigern und kam dabei auf Metal. Das passte thematisch und musikalisch zu Halloween also kam es an das Ende von „Halloween Costume“. Die beiden Musikstile zu verknüpfen war da auch noch eine gute Herausforderung. Bei „₲ΛLΛX¥“ habe ich meinen Schlagzeuger Jusch gesagt, ich hätte gerne eine Beat Richtung „Tomorrow Never Knows“ von den Beatles bzw. „Let Forever Be“ von den Chemical Brothers, und habe darauf dann erst den restlichen Song geschrieben. Bei einer Menge von 17 Songs war mir auch schon vorher klar, dass ich mich aus meiner Komfortzone herauswagen, und etwas Abwechslung schaffen muss, sonst würde das gähnend langweilig. Die Wahl der Instrumente gab aber häufig schon die jeweilige Jahreszeit vor.

Soundmag: Das reguläre Jahr hast Du ja nun abgeschlossen. Wird es Folge-EPs über weitere Jahreszeiten wie den Karneval oder „die Zeit zwischen den Jahren“ geben?

Gregor: (lacht) Nein, das braucht kein Schwein. Da ich während der Pandemie ohne Konzerte (und auch in meinem sonstigen Job) etwas mehr Zeit als sonst hatte, habe ich aber tatsächlich schon das nächste Album fertiggemacht. Das wird ein reines Solo-Album mit Akustikgitarre. Das wollte ich schon immer mal machen; dachte aber das wäre was, was ich Johnny-Cash-mäßig mache, wenn ich alt bin. Aber nun hat es genau in die kontaktbeschränkte Zeit gepasst. Textlich wird es da auch kritischer und politischer als bisher. Wann diese Platte erscheint, steht aber erstmal noch in den Sternen. Mit den Jahreszeiten ist es dann aber vorbei.

Soundmag: Aber erstmal bist Du mit den Jahreszeiten noch auf Tour.

Gregor: Ja, hoffentlich. Auch wenn das Konzept aufgrund der ständigen Verschiebungen nun nicht mehr ganz aufgeht. Eigentlich wollte ich 2020 den Frühling und den Herbst betouren und die passenden Songs dazu spielen; in ‘21 den Sommer und Anfang ‘22 den Winter. Einige Konzerte von 2020 müssen noch nachgeholt werden und die Sommersongs werde ich auf ein paar Open Airs spielen, aber das Winterprogramm werde ich wohl nicht mehr live aufführen können.

Soundmag: Wenn Du dann live unterwegs bist: Hast Du schon mal in einem „Four Seasons“ übernachtet?

Gregor: Wo das Zimmer 5000 Euro kostet? Nee, noch nicht. Aber das wäre doch mal eine Idee. Ich mache eine Four-Seasons-Tour und spiele dann immer bei denen in der Lobby. Wenn ich in den Sozialen Medien was zum Album gepostet habe, habe ich als Gag auch immer irgendein Four Seasons als Ort angegeben. Vielleicht melden die sich ja demnächst mal bei mir.

Soundmag: Warum Du Deinen Künstlernamen gewählt hast, kann man ja schon in diversen anderen Interviews nachlesen. Aber hast Du ihn auch schon mal bereut?

Gregor: Ja, immer wenn mich jemand nach dem Namen fragt. Aber tatsächlich wünschte ich mir inzwischen, ich hätte einen anderen, offeneren Namen gewählt. Einen bei dem man nicht auf ein bestimmtes Genre schließen kann und mehr Freiheiten hat, wie City And Colour oder SEA + AIR.

Soundmag: Unter welchem Namen auch immer: Wann schreibst Du eine Fußballhymne?

Gregor: Das habe ich bereits, zusammen mit dem Sänger meiner ehemaligen Band Helter Skelter. „Football Songs“ war aber eher ein Lied über Freundschaft à la „Three Lions“ denn eine richtige Vereinshymne. Aber Fußball ist für mich ja momentan eh nicht mehr so interessant.