Bodi Bill

In Interviews von Eric

Fabian Fenk von Bodi Bill wirkt sehr entspannt, als er zum Interview in ein Friedrichshainer Café kommt. Das erste warme Wetter des Jahres erlaubt es uns sogar, draußen zu sitzen. Als junger Vater ist er nicht mehr (nur) der Nachtmensch, der er noch zur ersten Hochzeit der Band mit Songs wie „I Like Holden Caulfield“ oder „Brand New Carpet“ war.

Das neue Album namens „I Love U I Do“, das erste seit elf Jahren, steht in den Startlöchern, wiedergefunden hatten sich Fenk und die Kollegen Alex Stolze und Anton Feist – mit letzterem machte Fenk zunächst im Anschlussprojekt The/Das weiter – aber schon vor der Albumproduktion. Was dafür den Ausschlag gab, warum die Kollegen schon wieder ausgestiegen sind und warum er Angst vor Bad Karma für die anstehende Tour hat, erzählt Fenk im Gespräch.

Soundmag: Seit gut zwei Jahren sind Bodi Bill wieder zusammen. Was gab den Ausschlag dafür?

Fabian: Tatsächlich ging es schon im Sommer 2019 los. Anton, Alex und ich hatten das Ganze gestartet, sind dann aber irgendwann unsere eigenen Wege gegangen. Anton hatte schon länger diesbezüglich angeklopft und 2019 war dann tatsächlich der Zeitpunkt, wo wir alle gerade nichts zu tun hatten. Ich hatte sowieso zwei, drei Stücke als Skizze, die nicht nach The/Das klangen. Bei einem hatte Alex auch schon mitgemacht. Es war daher schon automatisch etwas von uns Dreien.
Im Frühjahr 2019 hatten wir uns erstmal ausgesprochen, dann gab es im Winter eine erste Tour. Im Frühjahr 2020 war Anton wieder raus, dann habe ich erstmal mit Alex weiter Musik gemacht, aber das hat sich jetzt auch schon wieder geändert.
Wir waren damals im Streit auseinandergegangen, hatten uns abgenutzt, und was uns nochmal motiviert hatte, war, als Freunde zusammen wieder abzuhängen. Deshalb war Anton bald wieder draußen, weil er Angst hatte, dass es wieder in eine ernste Phase übergeht, wo der Stress wieder da ist und man sich anfängt zu streiten.

Soundmag: Wie sieht die aktuelle Konstellation bei Bodi Bill aus?

Fabian: Die aktuelle Konstellation ist krass anders. Es gibt auf der Platte ein paar Songs, die sind noch in der alten Besetzung entstanden, es sind aber auch ein paar „Pandemie-Songs“ dabei, die ich mit zwei anderen Freunden weitergemacht habe – Leute, die auch früher schon etwas mit Bodi Bill zu tun hatten: Philipp, Leif. Konstellation also, die nicht „offiziell“ Bodi Bill sind. Dann war es plötzlich eine Art Soloalbum, eine Vorstellung, die ich absolut furchtbar finde. Obwohl, Soloalbum ist vielleicht das falsche Wort… Ich halte es im Moment einfach am Laufen, vielleicht ist in ein, zwei Jahren Anton wieder dabei, und dann ist auch wieder Alex dabei. Es muss halt irgendwie weitergehen.
Die Leute, die jetzt live dabei sind, sind die gleichen, die in der zweiten Hälfte des Albumprozesses im Studio dabei waren. Fast die Einzigen, die ich in der Pandemie neben meiner Freundin und dem Baby gesehen habe. Und der Schlagzeuger von The/Das ist auch noch dabei.

Soundmag: Das heißt, du bist im Moment die einzige Konstante und der Rest ist zurzeit eher kollektivmäßig offen?

Fabian: Genau. Letztlich hat viel mit meinen Skizzen angefangen, deshalb ist dieser Bereich nicht total neu. Aber es ist für mich total krass, ohne Alex und Anton zu touren. Kriegt man dann Bad Karma und der Bus geht in Flammen auf? Aber die andere Option wäre gewesen, dass es gar nicht passiert.

Soundmag: Musstest du die anderen überzeugen, dass du unter dem Namen Bodi Bill touren kannst?

Fabian: Für Anton war es voll okay. Bis ich das Gespräch mit Alex zu Ende geführt hatte, hat es ungefähr ein Jahr gedauert. Ich glaube, es gibt ihm die Zeit, mit seinen eigenen Sachen weiterzumachen, an denen er jahrelang gearbeitet hat, u.a. mit seinem eigenen Label. Alex wäre dann zwei- oder dreifach belastet gewesen und hätte wahrscheinlich nicht die Manpower reinstecken können.
Gerade geht es um die Basics: Wie kann man sich jetzt mit Bodi Bill wohlfühlen? Ich könnte nicht einfach so zurückgehen, das wäre wie bei einem Schlagersänger. Man hat aber trotzdem Verantwortung, man spielt ja trotzdem Songs, bei denen ich glaube, die Leute wären traurig, wenn die nicht kommen würden.

Soundmag: Wie ist das aktuelle Set-Up für die Tour?

Fabian: Früher hatten wir zwei Rechner synchronisiert, wo Synthies dranhingen, das haben wir immer noch. Dazu gibt es krasserweise ein Schlagzeug. Gerade sind wir mittendrin in den Proben, allerdings zu dritt, also ohne Schlagzeug. Nur für uns mit elektronischen Beats. Der Schlagzeuger ist eigentlich total überqualifiziert für den Job, er kommt das erste Mal am 11. April vorbei und am 2. Mai geht es los mit der Tour.

Soundmag: Freust du dich auf die Tour? Ist das als Vater jetzt anders?

Fabian: Ich freue mich total. Mit dem Kind wird es allerdings schon krass. Aber nach einer Woche haben wir einen Off-Day in Berlin, da kann man mal Schnuffi-Stop machen. Und dann hat man zwei Wochen gar nichts, das wird krass. Aber ich habe vorher mein Leben ganz anders gelebt und deshalb ist die Platte auch so anders, weil das Vatersein ein so großer Einschnitt ist. Man hat drei, vier Stunden Arbeitszeit am Tag und bewegt sich im absoluten Schneckentempo. Man hat zwar alles da, aber für die letzten 20 Prozent brauchst du ein Jahr. Es gab viele Tage, die waren sinnlos, und dann gab es Tage, an denen man mehr Zeit hatte, und da ist dann was passiert. Die aktuelle Platte hat ungefähr anderthalb Jahre gedauert.

Soundmag: Das muss teilweise sicher frustrierend gewesen sein.

Fabian: Ja, es war richtig ätzend. Ich bin auch ein selbstzerstörerischer Typ, ich denke am laufenden Band an mein eigenes Unvermögen. Du hast Highs, wenn du dir etwas ausdenkst, und Lows, wenn man zu viel steuert, wenn man zu nah dran ist. Musik ist viel Intuition, sich lockermachen. Das Steuernde, das Produzieren – „Mache ich hier Hall, mache ich keinen Hall?“ – das ist nicht natürlich, da ist das Gehirn immer an. Wenn ich im Sommer hätte fertig sein müssen, zum ursprünglichen Release-Zeitpunkt, wäre es eine andere Platte geworden. Zu der Zeit war ich nur am Struggeln, da habe ich dann aufgegeben und einfach angefangen, zu machen. Diese Songs gewinne ich jetzt erst wieder lieb durch das Livespielen.

Soundmag: Liegt es an diesem Arbeitsprozess, der sich so hingezogen hat, dass das Album unterschiedlich klingt, sowohl innerhalb als auch zwischen den einzelnen Songs?

Fabian: Es gibt Songs, da sind die Ideen schon älter gewesen, und dann gibt es die Songs, die zusammen mit Anton und Alex um 2019 herum entstanden sind. Es gibt auch welche, die habe ich mir in meiner Küche ausgedacht und habe sie dann im Studio neu zusammengebaut. Am Ende ist das deshalb eher wie eine Playlist, weil du über mehrere Jahre verteilt verschiedene Stimmungen hast. Ursprünglich war das genau mein Plan, weil ich voll auf Playlists abgefahren bin, sie waren wie ein Revival der Mixkassette aus meiner Jugend. Wenn du diese Idee aber drei Jahren lang hast, bist du irgendwann auch wieder am Zweifeln.
Ich finde auf Vinyl ist es cool, da kann man die beiden Seiten total gut hintereinander hören, da ist der Ablauf ein bisschen prägnanter aufeinander angepasst. Auf CD oder als Spotify-Release geh ich davon aus, dass sich die Leute das herauspicken, was sie hören wollen und erst mit der Zeit in der Lage sind, das am Stück zu hören. Auch eine Sache, die ich aus meiner Jugend kenne: Mit zwei, drei Songs komme ich klar und den Rest muss ich mir erst erarbeiten.

Soundmag: Textlich beschäftigst du dich mit technologischen Neuerungen wie SpaceX, andererseits geht es um Natur und Klimakrise, wie man auch am Cover sieht. Das waren also die Sachen, die dich in der Zeit beschäftigt haben?

Fabian: Ja, schon. Ich wollte mich trauen, trotzdem optimistisch zu bleiben, deshalb auch dieser unsägliche Albumtitel, der cheesy sein könnte, aber auch ein optimistisches Versprechen an einen selbst ist. Einmal in die Richtung „Ich komm doch mit meiner Erde klar“, aber auch auf der persönlichen Ebene. Das Cover kam danach. Ich hatte vor ein paar Jahren einen DJ-Gig auf Bali, und dort bin ich getaucht und habe gesehen, dass alle Korallen weiß sind. Da musste ich viel daran denken. Andererseits wollte ich auch nicht zu viel rumheulen. Ich mache ja selbst eigentlich auch nichts. Deshalb erstmal zugeben, dass man diesen Planeten gernhat, erst dann kann der nächste Schritt kommen. Daher habe ich eine Mischung gemacht aus flat earth, die Muschel frisst die Erde und googly eyes.

Bodi Bill auf Tour:
02.05. Heidelberg, Karlstorbahnhof
03.05. München, Ampere
04.05. Mainz, Schon Schön
05.05. Köln, Bumann & Sohn
06.05. Dresden, Beatpol
08.05. Berlin, Hole44
09.05. Hamburg, Kent Club
10.05. Hannover, Faust
11.05. Bremen, Lagerhaus
13.05. Erfurt, Franz Mehlhose
14.05. Münster, Gleis 22
16.05. Nürnberg, Club Stereo
17.05. Leipzig, Täubchenthal Club
19.05. Zürich, Exil
20.05. Stuttgart, Club Cann