Christine And The Queens – Chris

In Reviews von Eric

Nach dem internationalen Erfolg ihres Debütalbums „Chaleur Humaine“ hat sich Héloïse Letissier alias Christine And The Queens für den Nachfolger neu erfunden – als „Chris“. Das betrifft vor allem die (textlichen) Inhalte. Die Stücke erforschen die Diversität des (queeren) Begehrens, das für viele immer noch als „unweiblich“ gilt, eine komplexe Sexualität, die sich jeder Kategorisierung entzieht. Dazu gibt es Songs über Intimität und inneren Aufruhr. Um all dies auszudrücken, hat die Französin Chris als ihre Bühnenpersönlichkeit erschaffen, ihre nach eigener Aussage „reinste Ausdrucksform, befreit von sozialen Verpflichtungen“.

Für diese Aufladung mit Bedeutung klingt die LP erstaunlich leichtfüßig. Letissiers sophisticated Elektropop wirkt vielmehr ausdifferenzierter und geschärfter – oder auch schärfer, denn die körperlich-sexuelle Erfahrung, die „Chris“ ausdrücken soll, wird durch die Musik tatsächlich erlebbar. Zu Songs wie „Doesn’t Matter“ und vor allem dem Überhit „Girlfriend“ kann man sich sehr gut schwitzige Leiber auf der Tanzfläche vorstellen, die sich aneinander reiben – aber eben ohne männliches Getatsche, sondern in gleichberechtigter Lust. Ein tiefer Dubstep-Bass pumpt durch „What’s-Her-Face“, Michael Jackson stand hörbar Pate für „Comme si“ und „Goya Soda“. Insgesamt alles ein wenig zu sehr 80er-retro-verhaftet, könnte man kritisch anmerken, aber dafür sind die Songs eigentlich auf zu clevere Weise eingängig. In der Extended Version gibt es sogar jedes Stück als englische und als französische Version.

„Chris“ drückt genau die Stärke, Sinnlichkeit und Intelligenz aus, die Héloïse Letissier im Sinn hatte, um eine binäre Gender-Kategorisierung zu überwinden. Und ist dabei verdammt sexy und tanzbar.

Tracklisting

Disk 1:

  1. Comme si
  2. Girlfriend (feat. Dâm-Funk)
  3. The Walker
  4. Doesn’t Matter
  5. 5 Dollars
  6. Goya Soda
  7. Damn (What Must A Woman Do)
  8. What’s-Her-Face
  9. Feel So Good
  10. Make Some Sense
  11. The Stranger

Disk 2:

  1. Comme si on s’aimait
  2. Damn, dis-moi (feat. Dâm-Funk)
  3. La marcheuse
  4. Doesn’t matter (voleur de soleil)
  5. 5 dols
  6. Goya! Soda!
  7. Follarse
  8. Machin-chose
  9. Bruce est dans le brouillard
  10. Le G
  11. Les yeux mouillés
  12. L’étranger (voleur d’eau)