Alice Merton – Mint

In Reviews von Eric

Die meisten werden Alice Mertons „No Roots“ von 2017 noch mitsummen können. Quasi aus dem Stand wurde der Song zum internationalen Hit. Umso erstaunlicher, dass die Deutsch-Britin sich den üblichen Mechanismen verweigerte und nicht hektisch ein Album hinterher schob, sondern sich für ihre Debüt-LP gut anderthalb Jahre Zeit ließ. Die 24-Jährige blieb trotz vieler Angebote weiter in ihrem vertrauten Zirkel, bestehend aus Manager Paul Grauwinkel und Produzent Nicolas Rebscher, um „Mint“ zu entwickeln. Vielleicht klingt das Album deshalb so selbstsicher.

Als Absolventin der Mannheimer Popakademie weiß Merton, wie ein guter Popsong aufgebaut sein muss und zu klingen hat. Aber – ganz wichtig: Sie schafft auch den Sprung von der Theorie in die praktische Umsetzung. Die schneidig-tanzbaren Hooks und Gitarren sind an den Killers geschult (Merton ist bekennender Fan), treibende Bassläufe und Drums sowie Soundspielereien ähneln denen von angesagten, geschmackvollen Popgratwanderern von Roosevelt über The 1975 bis Portugal.The Man. Meistens haben die Songs ein hervorstechendes Merkmal, um die herum der Sound „gebaut“ wird: bei „Learn To Live“ ist es ein knackiges 80ies-Rock-Riff, bei „No Roots“ und „Funny Business“ ein trockener Basslauf, bei „Lash Out“ einen stampfende Bassdrum mit passendem Bluesrock-Gitarrenriff. Dieses Prinzip funktioniert meist gut – eine Ausnahme sind „Homesick“, das von einem schönen Pianomotiv in eine austauschbare Midtempo-Ballade kippt. Auch „Why So Serious“ klingt zu sehr nach Songschreiben nach Zahlen.

Merton bzw. ihre Stimme wirkt bei allen Songs immer sehr souverän und so, als könne sie jederzeit eine Schippe draufpacken. So kommen die ruhigeren Songs zwar gut, am besten ist die Musikerin jedoch, wenn sie in den schnelleren, kraftvollen Stücken ihrer satten Stimme ordentlich die Sporen geben kann.

Die unmittelbare Eingängigkeit und Energie von „No Roots“ erreicht keiner der Songs auf „Mint“. Aber viele kommen so nahe heran, dass am Ende ein gelungenes Album steht.

Tracklisting

  1. Learn To Live
  2. 2 Kids
  3. No Roots
  4. Funny Business
  5. Homesick
  6. Lash Out
  7. Speak Your Mind
  8. I Don’t Hold A Grudge
  9. Honeymoon Heartbreak
  10. Trouble In Paradise
  11. Why So Serious