Seit Jahren ziehen fünf Leute Tausende Menschen magisch an. Es muss eine Art Zwangsneurose sein, obwohl man mit den neuen Stücken der Editors nicht immer sofort einverstanden ist, wird jede mögliche Gelegenheit die Band live zu sehen genutzt. So wie kürzlich in Düsseldorf, beim Stop der Briten in der Mitsubishi Electric Halle zur Best-Of-Tour „Black Gold“. Das gleichnamige Album, welches im Herbst 2019 zum gefeierten 15-jährigen Bestehen der stilwechselnden Herren mit Wiedererkennungswert, veröffentlicht wurde.
Angst davor, einen angesagten Newcomer ins Vorprogramm zu stecken, hat das Quintett aus Birmingham allerdings nicht. So eröffnen die Whisperings Sons die Show. Ein wirklich passendes Zusammenspiel an einem Abend. Die Musik der Belgier hat die gleiche dunkle Tonalität wie die der Editors, sowie eine dynamische Performance von Frontfrau Fenne Kuppens. Die Erscheinung der unscheinbaren, blassen jungen Frau gleicht dem schüchternen Mädchen von nebenan. Weiß gekleidet ist sie im Scheinwerferlicht unübersehbar. Am Bühnenrand stehend, schaut Kuppens mit starrem Blick in den Raum, dann ertönt ihre dunkle Stimme zum wavigen Gitarrensound. Im nächsten Moment tobt die Sängerin wütend über die Bühne. In einer halben Stunde Support-Zeit bekommen die Whispering Sons sieben Lieder vom Debütalbum „Image“ unter. Leider spielen sie keine Songs ihrer ersten EP „Endless Party“. Stücke wie „Wall“ hätten sich in der großen Halle bestimmt gut gemacht. Ob das teils ratlos schauende Publikum darauf eher angesprungen wäre, ist fraglich. Der Applaus fällt dennoch gut aus, auch wenn sich nicht jeder mit dem dunkelstimmigen Post-Punk der jungen Musiker*innen anfreunden konnte.
Dann wird es ganz voll im vorderen Drittel, denn Viele wollen nicht nur die Musik hören, sondern auch die Show sehen, was in der rappelvollen Halle schier unmöglich ist. Zum Auftakt haben sich die Editors „An End Has A Start“ aus ihrem Best-Of-Sortiment herausgepickt. Nicht nur bei diesem Song bekommen die Saiteninstrumente ihren großen Auftritt. Auch die nächsten Minuten werden mit den gitarrenlastigen Stücken aus frühen Jahren gekrönt. Das kommt beim – teils weit angereisten und aus einigen Niederländer*nnen bestehenden – Publikum gut an und wird feierlich quittiert. Wie immer steht Frontmann Tom Smith im Mittelpunkt des Geschehens, obwohl seine Kollegen für die Klangerzeugung unabdingbar sind. So toben sich Bassist Russel Leetch und Gitarrist Justin Lockey im Schatten von Smith aus. Die elektronischen Instrumente von Elliott Williams thronen neben dem Schlagzeug von Ed Lay auf einem Podest, auf dem er gelassen steht und abwechselnd Tasten und Saiten bedient.
Obwohl die Tour und das aktuelle Album „Black Gold“ heißt, wird dieser Titel nicht zum Besten gegeben, stattdessen wird das neue „Upside Down“ gespielt. Abwechslung in der Songauswahl wird bedacht. Bei „Magazine“ und „Sugar“ treten wuchtige Synthieklänge in den Vordergrund, zu denen Leetch das Publikum zum Mitklatschen animiert. Für kurze Zeit gelingt es ihm, und die Anwesenden sind im Takt klatschend auf seiner Seite. Dann wird es ziemlich still, wenn Smith nur mit der Akustischen performt und die ursprüngliche Version von „The Weight Of The World“ reichlich entschleunigt. So bekommt es zwar mehr Intensität, verblasst dafür umso schneller. Manches ist eben gut, wie es ursprünglich war.
Die heute live vertonten Jahre der Editors wechseln sich tanzbar und berauschend ab. Zu „Blood“ und „Fingers In The Factories“ toben sich die Fans nochmal mächtig aus. Dann wird mit „Walk The Fleet Road“ die Party gedrosselt. Auf diesen sanften Weg wird den Fans deutlich gemacht, dass die Zeit für den Abend allmählich abläuft. Nun ist lautes Toben gefordert, damit die fünf Musiker erneut im Rampenlicht erscheinen. Lange lassen sich die Editors nicht bitten und kommen mit zwei Stücken vom Allzeit-Lieblingsalbum „The Back Room“ zurück. Sanft schmeichelt sich „Distance“ in die Ohren, bevor die Gitarren bei „The Racing Rats“ aufbrausen. Mit „Smookers Outside The Hospital Doors“ verabschiedet sich die Band endgültig.
Auch wenn nicht alle Lieblingslieder unter den 24 Stücken dabei waren, gab es viel Schönes beim Konzertabend mit den Editors zu hören – auch einiges, was es sonst nicht zwingend auf die Setlist schafft. Und wer weiß schon, wann sie wieder kommen…