Von Wegen Lisbeth – sweetlilly93@hotmail.com

In Reviews von Eric

Das Schöne und Besondere an Von Wegen Lisbeths Debütalbum von vor drei Jahren waren ja vor allem die Texte. Mit viel Ironie und Wortwitz, aber ohne Gehässigkeit kündete Sänger Matthias Rohde mit schönster Chansonnierstimme über die mikrokosmischen Alltäglichkeiten und Absurditäten des Lebens in Berlin(-Neukölln) und entwarf damit auch ein kleines Gesellschaftsporträt.

Nun scheint das Quintett wieder genug Kuriosa aus der Hauptstadt des Universums gesammelt zu haben, denn nun liegt ihr zweites Album mit dem – zugegebenermaßen recht dämlichen – Titel „sweetlilly93@hotmail.com“ vor. Und wieder gibt es diese kleinen Geschichten, die auf diese Art nur Von Wegen Lisbeth erzählen. Es gibt Beobachtungen aus Sicht vom „Lieferandomann“, sie gehen den wichtigen Fragen der Digital-Generation nach („Swipe ich nach links oder nach rechts?“ („Alexa gib mir mein Geld zurück!“)), nehmen den Turbokapitalismus mit seiner Monetarisierungslogik auf die Schippe („30 Segways, ein Ferrari“), beschäftigt sich mit der Vereinsamung in der Großstadt („Am wenigsten zu sagen“). Und Avocados kommen auch vor („Irgendwas über Delfine“).
Gekleidet wird das in ein Soundbild, das aus über 30 Jahren deutscher Popmusik von NDW bis Indierock, von Wir Sind Helden bis Element Of Crime zusammengesetzt und noch mit Funk, Percussion und ordentlich Synthesizer/Keyboards angereichert ist. Allerdings gibt es diesmal mehr Midtempo-Songs und weniger Tanzbares.

Auch wenn der Neuheitseffekt des Debüts weg ist und auch nicht jeder Witz und jede Sprachpirouette sitzt, wirken Von Wegen Lisbeth immer noch so, als könne man mit ihnen in der Eckkneipe eine ziemlich gute Zeit haben. Angeschickert wirkt das Album sowieso nochmal besser.

Tracklisting

  1. Wieso
  2. Lieferandomann
  3. Alexa gib mir mein Geld zurück!
  4. Staub und Schutt
  5. Jede Ratte der U8
  6. 30 Segways, ein Ferrari
  7. Sweet Lilly
  8. Westkreuz
  9. Alles was ich gerne hätte
  10. Am wenigsten zu sagen
  11. Gefährder
  12. Alle 11 Minuten
  13. Irgendwas über Delfine