Bonobo – Fragments

In Reviews von Eric

„Fragments“, was für ein passender Albumtitel – seit Beginn der Corona-Pandemie mit all ihren Ein- und Beschränkungen kann man wirklich nur noch in Fragmenten seines einstigen Lebens leben. Das neue Werk von Simon Green alias Bonobo ist aber kein Kommentar zur heutigen Zeit, sondern bietet vielmehr musikalischen Eskapismus aus derselben.

Dafür, seinen Hörer*innen eine Flucht vor der Wirklichkeit zu bieten, ist der fünffach Grammy-nominierte Engländer schon länger bekannt, allerdings waren dabei kaum bis nie so tanzbare Beats zu hören wie auf seiner aktuellen LP. Wo sonst im Zweifel der langsame Ambient-Sound dominierte, wechselt Bonobo nun in die schnellere BPM-Spur, wo er vom erstmaligen Einsatz modularer Synthesizer zusätzlich angeheizt wird. Hervorzuheben unter den Dance-Tracks sind das groovende „Shadows“ (mit dem formidablen Jordan Rakei am Mikrofon), das housige „Rosewood“, das auf spitzen Beats balancierende „Closer“ und das leicht Drum’n’Bass-lastige „Sapien“.

Dazwischen platziert er aber diese typischen, großen, überaus eleganten Bonobo-Downbeat-Balladen, in die er immer wieder Streicher einbaut und denen man tatsächlich abnimmt, dass sie von Wanderungen in den Wüsten und der Wildnis Kaliforniens inspiriert wurden (wie uns die Plattenfirma mitteilt). Vor allem das verschleppte, R’n’B-inspirierte „Tides“ (mit der ebenfalls formidablen Gastsängerin Jamila Woods) und das vollkommen beatlose „Eylisan“, in dem die Streicher wie Vogelschwärme herumschwirren, laden zum Engtanz ein.

Ein Mann für alle Jahreszeiten, ein Album für alle Lebenslagen – „Fragments“ ist so beruhigend wie aufregend und zeigt Bonobo auf der Höhe seiner kreativen Kraft.

Tracklisting

  1. Polyghost (feat. Miguel Atwood-Ferguson)
  2. Shadows (feat. Jordan Rakei)
  3. Rosewood
  4. Otomo (feat. O’Flynn)
  5. Tides (feat. Jamila Woods)
  6. Elysian
  7. Closer
  8. Age of Phase
  9. From You (feat. Joji)
  10. Counterpart
  11. Sapien
  12. Day by Day (feat. Kadhja Bonet)