Liam Gallagher – MTV Unplugged

In Reviews von Eric

Eigentlich könnte Liam Gallagher nun schon zwei MTV-Unplugged-Auftritte in der Vita stehen haben. Doch die erste Möglichkeit anno 1996 mit Oasis ließ er wegen angeblicher Halsschmerzen verstreichen – was ihn nicht daran hinderte, Bruder Noel, der den Frontmann-Part übernehmen musste, während des Auftritts von einer Loge aus zu bepöbeln.

Im zweiten Anlauf, diesmal solo, hat er es geschafft, ganz Working Class aufgezeichnet in Hull, in der dortigen City Hall. Oasis ist dabei nicht nur in Form der Hälfte der Songs auf der Tracklist, sondern auch in Person eines Gastauftritts des ehemaligen Gitarristen Paul „Bonehead“ Arthurs präsent. Und da sich Gallagher alleine kaum vom hymnischen Sound der BritPop-Helden entfernt hat, ergibt sich ein klanglich konsistenter Auftritt, dessen Stücke prädestiniert für die opulenten Unplugged-Arrangements mit vielen Streichern, Percussion, Klavier und Background-Sängerinnen sind.

Der Einstieg gerät etwas lahm, da „Wall Of Glass“ das messerscharf Schneidende des Originals fehlt. Aber ab „Some Might Say“ haben sich Liam und Band eingegroovt. Wie dem Format immanent, bleiben besonders die Balladen positiv im Gedächtnis. „Now That I’ve Found You“, Gallaghers aus einem Seitensprung entstammender Tochter gewidmet, geht zu Herzen, ansonsten stechen vor allem die Oasis-Stücke hervor. Die B-Seite „Sad Song“, im Original ein introvertiertes Stück, wird in zur einer trotzigen Widerstandshymne – wer möchte, kann die Zeilen „If you’re needing something I can give, I know I’d help you if I can“ auf den aktuellen gesellschaftlichen Aufruhr rund um „Black Lives Matter“ übertragen. Und „Champagne Supernova“ als Klavierstück zum Abschluss hat einen besonderen Charme.

Was heutzutage erwähnt werden sollte: Liam Gallagher ist gut bei Stimme und meistert das Konzert souverän, was in jüngerer Zeit nicht immer der Fall war. Mit Oasis auf der Höhe ihrer Schaffenskraft hätte er damals einen MTV-Unplugged-Meilenstein setzen können, solo bleibt ein mehr als solider Auftritt in einem etwas ausgelutschten Format.

Tracklisting

  1. Wall Of Glass
  2. Some Might Say
  3. Now That I’ve Found You
  4. One of Us
  5. Stand By Me
  6. Sad Song
  7. Cast No Shadow
  8. Once
  9. Gone
  10. Champagne Supernova