Liam Gallagher – C’mon You Know

In Reviews von Eric

Dass Liam Gallagher zumindest in Großbritannien wieder die Größe von Oasis erreicht hat, zeigt sich spätestens daran, dass er am kommenden ersten Juni-Wochenende zwei Konzertabende in Knebworth ausverkauft, wie schon 1996 seine frühere Band (allerdings mit mehr Besucher*innen). Da trifft es sich gut, dass er kurz vorher noch sein neues, drittes Soloalbum veröffentlicht, und noch dazu sein bestes bislang.

Das überrascht doch ein wenig, da die Vorab-Single „Everything’s Electric“ – obwohl von Dave Grohl mitgeschrieben – etwas enttäuschte, einerseits in seinem zu offensichtlichen Dienst am Fan durch Fischen in Oasis-Gewässern und andererseits durch die Abwesenheit eines echten, catchy Refrains. Allerdings zeigt sich Gallagher bei einigen der anderen Songs so experimentierfreudig wie noch nie (innerhalb den eigenen Rock’n’Roll-Koordinaten), was „C’mon You Know“ deutlich von der Vorgänger-LP abhebt.

Das geht schon los mit dem Eröffnungsstück, in dem der sanfte Gesang eines Kinderchors empfängt (eine klare Hommage an „You Can’t Always Get What You Want“ von den Rolling Stones), bevor sich der Engländer zur Akustikgitarre um den Zustand der Welt sorgt: „People talking like they’re gods, but that’s just not the deal“. „Don’t Go Halfway“ und „Better Days“ erinnern an die psychedelischen Stücke der Beatles zu „Revolver“-Zeiten. Der stampfende Titel-Song ist unwiderstehlich erhebend, vor allem wenn ein Gospelchor inbrünstig „Freedom!“ deklamiert. Der Blues-Rock von „World’s In Need“ ist eine weitere Verneigung vor den Stones, bevor „I’m Free“ die Stooges mit den Stone Roses vereint. Die Balladen wie „Too Good For Giving Up“ sind zwar auch nicht schlecht, aber mehr zum Luftholen zwischen den Krachern zu verstehen. Ausnahme ist „Moscow Rules“, das mit seinem Vaudeville-Sound überrascht.

Gleichzeitig mit „C’mon You Know“ veröffentlicht Liam Gallagher übrigens noch ein zweites Album namens „Down By The River Thames“, einen Mitschnitt seines gestreamten Lockdown-Konzerts von 2020, bei dem er samt Band auf einem Boot die Themse hinabschipperte. Warum gleichzeitig? Einfach weil er es kann. Der Gallaghersche Größenwahn ist ja Teil der Show.

Tracklisting

  1. More Power
  2. Diamond In The Dark
  3. Don’t Go Halfway
  4. C’mon You Know
  5. Too Good For Giving Up
  6. It Was Not Meant To Be
  7. Everything’s Electric
  8. World’s In Need
  9. Moscow Rules
  10. I’m Free
  11. Better Days
  12. Oh Sweet Children