Gengahr – Sanctuary

In Reviews von Eric

Nach dem kraftlosen Vorgängeralbum wirkt das britische Quartett Gengahr auf „Sanctuary“ revitalisiert. Während des Schreibprozesses der LP fühlte sich Frontmann Felix Bushe laut Überlieferung wie ein moderner Odysseus – getrennt von seiner Frau (die in Australien lebt) und gebeutelt von Schicksalsschlägen (seine Mutter verstarb unerwartet). Daraus ergibt sich eine emotionale Kraft in den Songs, die sich auch in der Instrumentierung niederschlägt.

Ihren gewohnten psychedelischen Shoegaze lassen Gengahr zu Gunsten eines klareren, raumgreifenderen und reichhaltigeren Sounds ein gutes Stück hinter sich – was nicht zuletzt an der üppigen und facettenreichen Produktion von Jack Steadman liegt, bekannt als Frontmann von Bombay Bicycle Club. Kräuselnde Synthesizer sorgen für ein hypnotisches Grundgerüst, die Gitarren treten oft zugunsten des Basses in die zweite Reihe und überlassen es dem Viersaiter, die Stücke zu leiten. Die Londoner finden eine gute Balance zwischen Dynamik und Komplexität und haben gleichzeitig keine Scheu vor einer gewissen Poppigkeit. Ein Synthie-Loop verleiht „Atlas Please“ Funk, wird aber noch vom folgenden „Heavenly Maybe“ und seinem Four-to-the-Floor-Beat getoppt, das gar nicht schüchtern Richtung Disco tänzelt. Bei „You’re No Fun“ und seinem treibenden Schlagzeug gehen fast die Pferde mit der Band durch. Passenderweise wird auch Bushes Gesang nicht mehr in Hall ertränkt, sondern klingt selbstbewusst und spielt – ähnlich wie Dave Bayley von Glass Animals – mit Falsett-Höhen. „Moonlight“ ist ein ruhiger, warmer und umarmender Abschluss des dritten Albums der Band.

Auf „Sanctuary“ scheinen Gengahr ihr volles Potenzial zu entfalten und man möchte fragen: What took you so long?

Tracklisting

  1. Everything & More
  2. Atlas Please
  3. Heavenly Maybe
  4. Never A Low
  5. Fantasy
  6. You’re No Fun
  7. Soaking In Formula
  8. Anime
  9. Icarus
  10. Moonlight