Black Country, New Road – For The First Time

In Reviews von Eric

Wenn vom NME über den Spiegel bis zum ORF alle unisono denselben neuen musikalischen Hype ausrufen, macht das erstmal stutzig, wenn nicht gar skeptisch. Die Konsensband der Kulturjournalist*innen nennt sich Black Country, New Road, kommt aus London, entstammt dem Umfeld des angesagten Clubs The Windmill in Brixton und hat den Ruf einer ebenso chaotischen wie beeindruckenden Live-Combo.

Da dieses Live-Feeling für das Erleben der Band offenbar wichtig ist, wurden die nur sechs Tracks ihres Debütalbums an wenigen Tagen live im Studio eingespielt. Das Ergebnis ist überraschend sperrig dafür, dass sich so viele darauf einigen können. „For The First Time“ ist ein wilder Ritt mit Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard, Saxofon und Geige durch Musikstile von Post-Punk über Free-Jazz bis Klezmer, dabei unheimlich dicht und anspielungsreich. Frontmann Isaac Wood singt seine Texte selten, sondern deklamiert sie meist im Stile eines Spoken-Word-Artists, der von zeitgenössischen Popkulturbezügen über Generation-Z-Analysen und persönlichen Befindlichkeiten bis zu Zeitgeist-Ironie anscheinend alles in seine Lyrics packt, was ihm durch den Kopf geht.

Der instrumentale Opener weiß mit seinem virtuosen Drumming sofort zu packen und zeigt den Klezmer-Einfluss am deutlichsten, obwohl eine Gitarre traurige Akkorde und das Keyboard beunruhigende Töne spielt, fordert der Song mit lebhaftem Rhythmus zum Tanz. „Science Fair“ stellt dissonante Gitarrenlicks einer ausgeglichenen Geige gegenüber, bevor es sich zu einem kakophonen Strudel entwickelt. „Track X“ entfaltet sich dagegen harmonisch, mit einer warmen, geloopten Gitarrenmelodie und einer fast orchestralen Sanftheit. „Opus“ greift den Klezmer vom Anfang wieder auf, lässt ihn aufkommen und wieder vergehen, und verwebt ihn mit einem bedrohlichen Post-Punk-Track.

Die Energie, die Wildheit und die Abenteuerlust von Black Country, New Road ist tatsächlich beeindruckend. „For The First Time“ soll dabei nur ein Schritt in einer stetigen musikalischen Weiterentwicklung sein, wie der Band verlauten lässt. Bis dahin darf man dem Hype aber glauben.

Tracklisting

  1. Instrumental
  2. Athens, France
  3. Science Fair
  4. Sunglasses
  5. Track X
  6. Opus