Arctic Monkeys – Tranquility Base Hotel & Casino

In Reviews von Eric

Was die Arctic Monkeys zur besten Rockband ihrer Generation macht, sind die neuen Einflüsse, die jedes ihrer Alben anders klingen lässt als das vorangegangene. So anders wie auf dem neuesten Werk „Tranquility Base Hotel & Casino“ klang das Quartett aber noch nie.

Die Gitarren sind eingemottet oder spielen fein arrangiert im Hintergrund, das so präzise wie mitreißende Drumming von Irrwisch Matt Helders wird durch vorsichtige Rhythmus-Tupfer ersetzt und um Synthesizer ergänzt, der Bass treibt nicht mehr kraftvoll an, sondern schiebt sanft vorwärts, und Frontmann Alex Turners stakkatohafter, halb gesprochener Gesang ist einem schmeichelnden Crooning gewichen. Turners Leidenschaft für Orchester-Pop im Stile Scott Walkers, die er sonst zusammen mit Miles Kane als The Last Shadow Puppets auslebt, ist nun auch in seiner Hauptband angekommen.

Dass der Sänger die Stücke der sechsten Arctic-Mokeys-LP alleine in seinem Haus in Los Angeles am Klavier entwickelte, schlägt sich deutlich im loungig-jazzigen, durchaus opulenten 60ies-West-Coast-Sound nieder. Insbesondere „Pet Sounds“ meint man in vielen Harmonien heraushören zu können. Die Abfolge von Strophe und Refrain wird zugunsten eines melodischen Reichtums geopfert, zu hören etwa im hervorragenden „Four Out Of Five“. Manche Lieder scheinen gar nach Bowie-hafter Grandezza zu streben, insbesondere „The Ultracheese“.

Die frische, unmittelbare Produktion von James Ford (Simian Mobile Disco) lassen die klassischen Songs dennoch nicht wie eine Retro-Veranstaltung wirken. Aber vor allem Turners reflektierte Songtexte verorten das Album im Hier und Heute. Er denkt über sich selbst („I just wanted to be one of the Strokes. Now look at the mess you made me make.“) genauso nach wie über die Weltlage zuzeiten von Trump, Brexit und Co. („The leader of the free world reminds you of a wrestler wearing tight golden trunks.“). Trotzdem gibt es auch augenzwinkernden Humor – siehe zum Beispiel den Nonsens-Songtitel „The World’s First Ever Monster Truck Front Flip“.

Ungeachtet des einleuchtenden Konzepts vermisst man die herausragenden, „Single-Auskopplung“ schreienden Songs, die die Arctic Monkeys bisher auf jedem Album ablieferten. Dafür sind die Stücke zu sehr auf eine Gesamtwirkung angelegt und sich zu ähnlich in Tempo und Stimmung. Und hin und wieder wirkt die Band auch ein wenig besoffen von ihrem „neuen“ Selbst.

„Tranquility Base“ hieß übrigens die Landezone der ersten Mondfähre. Insofern ist der Titel des Albums gut gewählt, haben sich die Arctic Monkeys doch in ihrem persönlichen Rockstar-Himmel gut eingerichtet. Und müssen dafür nicht einmal mehr Rockmusik spielen.

Tracklisting

  1. Star Treatment
  2. One Point Perspective
  3. American Sports
  4. Tranquility Base Hotel & Casino
  5. Golden Trunks
  6. Four Out Of Five
  7. The World’s First Ever Monster Truck Front Flip
  8. Science Fiction
  9. She Looks Like Fun
  10. Batphone
  11. The Ultracheese