80 Kilometer trennen uns vom Paradise. Nach dem Einspielen im Frühjahr mit drei Terminen kommt die neue Supergroup erneut für einen Abstecher nach Deutschland. Diesmal sind nicht nur die großen Konzertstädte angekündigt, sondern auch die Studentenstadt Münster, die eigentlich auch als Großstadt zählt, aber konzerttechnisch eher kleinere Clubshows bevorzugt. Anstatt zu Hause vor dem Fernseher zu sitzen und vielleicht einen Münster-Tatort schauen, stehen wir lieber Sonntagabend im Gleis 22 und freuen uns auf den zweiten Eindruck der Band Paradise.
Als Support ist ein Duo aus Los Angeles am Start. Mann und Frau, Schlagzeug und Gitarre. Solch eine Formation ist seit Bands wie den White Stripes nichts Außergewöhnliches mehr. Doch die Kolars sind anders, optisch funkelt und glitzert es von den Instrumenten bis zur Kleidung und dem schrillen Augen-Make-Up der Drummerin. Das Schlagzeug wird nicht im Sitzen gespielt, Lauren Brown steht auf einer ihrer drei Bass-Drums und steppt. Sänger, Gitarrist und Namensgeber Rob Kolar bringt mit seinem Aussehen einen Flair Rockabilly in die Show. Gute Laune ist mit der schwungvollen Musik und den energievollen Musikern garantiert.
Was beim Kölner Konzert im April noch Neuland war, ist im November mit der Debüt EP „Yellow“ schon ein wenig mehr vertraut. Untätig war die Band natürlich auch nicht, denn die Setlist hat sich um zwei Songs, inklusive Zugaben, erweitert. Das es den Fans immer noch nicht ausreichen wird, ist von vornherein klar. Gegen 21 Uhr beginnt das Intro von Paradise. Wieder können die Zuschauer das Konzert aus nächster Nähe erleben. Von der Bühne bis zum Publikum gibt es nur einen geringen Abstand zu den vier Musikern. Schon beim ersten Song ist man mittendrin. Sivert Höyem steht im beleuchteten Mittelpunkt seiner Kollegen die an Bass, Gitarre und Schlagzeug den perfekten Sound als Unterlage zum Gesang abliefern.
Leise bleibt es im Gleis 22 jedenfalls nicht. Treibend, rockend, blueslastig und manchmal auch einfühlsam setzt sich das abwechslungsreiche Set zusammen. Die vier Stücke des Debüts werden mit den sozusagen unbekannten Sachen ergiebig zusammengefügt. Hier bekommt jeder einen Happen für seinen persönlichen Genussfaktor verabreicht. Die sonore Stimme wirkt bei „Crying“ auch live sanft und kraftvoll. Der härtere Gesangskern kommt mit „Humilitation“ voll zur Geltung. Auch in Münster beweist das Quartett seine gute Live-Qualität, bei der die Songs noch wirkungsvoller rüberkommen als von der heimischen Anlage. Es ist schwierig aus den ganzen Rosinen der neu gehörten Stücke die fettesten heraus zu picken. Die Lust auf mehr Paradise steigert sich so wie der Applaus nach jedem Lied. Insgeheim hofft man, dass da noch mehr kommen muss. Doch mit der Single „Goodbye 21st Century“ ist der klangvolle Spuk vorbei.
Als die vier Musiker die Bühne verlassen, geht das Licht im Gleis 22 gar nicht erst an. Für zwei Zugaben kommen sie zur verlangenden Meute schnell zurück. Ganz intim wird es mit dem akustischen „Wonderfull Life“ zu dem nur Rob McVeys Gitarre zum Gesang von Sivert Höyem ihr Gutes dazu tut. Für den finalen Song versammelt sich die komplette Band auf der Bühne, um einen lautstarken Abschied zu feiern.