Cage The Elephant – 11.06.19

In Konzerte von Inken

Es ist Dienstagabend und wir sind auf dem Weg zum Musik und Frieden, um Cage The Elephant zu sehen, die ein paar Tage zuvor auf dem Rock am Ring spielten. Das verbinden sie direkt mit einem Abstecher nach Berlin und haben ihr neues Album „Social Cues“ im Gepäck. Von weitem ist eine Schlange zu erkennen, in die wir uns einreihen. Es ist halb acht Uhr abends. Sieben Uhr sollte der Einlass gestartet sein und um acht beginnen Cage The Elephant, laut Veranstalter. Die Schlange bewegt sich bis kurz vor acht um keinen Zentimeter nach vorne. Zehn Minuten später stehen wir im Musik und Frieden und versuchen uns einen Platz zu erkämpfen. Es ist sichtlich voll, stickig und warm. Da es keine Vorband gibt, zieht sich bis zum Start in die Länge. Vielleicht hat die sechsköpfige Band aus Kentucky ein ganz besonderes Ritual oder ist könnte etwas passiert sein? Geplant wirkt das nicht. Den Hintergrund erfahren wir jedoch im Nachhinein.
Zwei Minuten nach 21 Uhr und unzähligen „Cage-The-Elephant“ -Rufen stürmt die Rockband auf die kleine Bühne des Musik und Frieden. Ich habe auf Höhe der Bar, also in der hinteren Hälfte, einen Platz gefunden, an dem man gut stehen kann, aber leider nicht viel sieht. Dass Cage The Elephant eine powervolle Bühnenshow mit gelegentlichen Stage Dives hinlegen, weiß ich vom Konzert, welches ich vor zwei Jahren im Columbia Theater sehen durfte, weswegen wenigstens eine Chance besteht, einen Blick auf Sänger Matt Shultz zu erhaschen.
So wie auch das Album, startet das Konzert mit dem gleich zum Tanzen anregenden New-Wave-Track „Broken Boy“, welcher von dem aggressiven Gesang von Matt begleitet wird, der Wut, Trauer und Schmerz, durch das Aus seiner Ehe, in diesem und weiteren Texten des vierten Studioalbums verarbeitet. Es folgen unter anderem „Cry Baby“, „Mess Around“ und „Cold Cold Cold“, vom vorherigen Album „Tell Me I´m Pretty“ und die Stimmung steigt. Immer wieder stürmen neue Leute, die auf einen Platz ganz vorne hoffen, in Richtung Bühne. Es wird getanzt und mitgesungen. Die Stimmung ist bereits nach dem zweiten Song am Überkochen.
Das einzig störende ist die Wärme und die Sicht. „Spiderhead“, „It´s Just Forever“, „Telescope“ und „Come A Little Closer“ vom 2013er Album „Melophobia“ dürfen natürlich nicht fehlen und treffen auf Begeisterung bei den Fans.
Zwischendurch kann ich meinen Augen kaum trauen. Im kleinen Musik und Frieden, in dem die ausgestreckten Arme fast bis an die Decke gehen, wird gestagedived. Jemand aus dem Publikum und natürlich Matt lassen es sich nicht nehmen und werden geschmeidig über die Fans transportiert. Ein paar Geschichten werden zwischendurch vom Sänger erzählt, auch wenn man nicht alle so gut verstehen kann, da er etwas nuschelt und ein Lallen vermuten lässt. Ich meine etwas mit einem Unfall des Gitarristen herauszuhören.
Hektisch, aber auch verspielt geht es im Titeltrack „Social Cues“ des neuen Albums zu, was wunderbar live performt wird. Ebenfalls neu und mit von der Partie: „Tokyo Smoke“, der düstere, aggressive, monotone, mit donnernden Gitarren und einem Bonaparte-ähnlichem Gesang gespickte „House Of Glass“ und der poppige und verträumte Song „Skin And Bones“ mit Matts tollem Solo.

Der ganz alte Schinken „Shake Me Down“ des 2011er Debütalbums „Thank You Happy Birthday“ wird von den Fans in vollster Inbrunst mitgesungen und könnte wahrscheinlich noch dreimal gespielt werden. Noch einmal kommt das Album „Melophobia“ mit „Cigarette Daydreams“ zum Einsatz. Man könnte fast meinen, dass wir bei Oasis gelandet wären. Die Zuschauer kennen jeden Songfetzen und singen bis zum bitteren Ende weiter, bis ein einstimmiger Chor ertönt. Das ist schon ziemlich schön. Damit wir auch bloß nicht einschlafen, werden mit „Teeth“ noch mal alle müden Geister wachgerüttelt. „Are you into the beat?“ heißt es im Song. Ja, das sind wir definitiv. Keine Frage, das Konzert könnte noch ewig weitergehen, wären da nicht die Schweiß durchtränkten Shirts und der umständliche Weg zur Bar, um den Flüssigkeitshaushalt aufzufüllen. Das Lied ist zu Ende und die Menge steht unter Strom. CTE verlassen die Bühne und beglücken uns nach einem kurzen Applaus mit einem letzten Song, welcher natürlich „Love´s The Only Way“ sein muss. Eine Message, die uns Cage The Elephant mit auf den Weg geben wollen und mit der sie definitiv richtig liegen.
Ich persönlich hätte mir noch „Goodbye“ gewünscht, aber so schön wie er ist, so traurig ist er zugleich und das wäre dann wohl doch zu viel gewesen.
CTE haben mal wieder ihre komplette Bandbreite gezeigt, die von Album zu Album zunimmt und die Fans sichtlich glücklich macht. Wahrscheinlich haben sie auch unter den Anhängseln der Fans ein paar neuen Hörer gewonnen.

Zwei Tage später sagen CTE ihre Europa-Tour ab, weil Gitarrist Nick mit einer erheblichen Knie-Verletzung zu kämpfen hat, die zum Glück reparabel ist. Da hatten die Berliner also Glück im Unglück.