Das Prince Charles wirkt an diesem Abend so, als sei es die Kulisse eines Imagefilms über das junge, hippe Berlin: Lauter junge, schöne, multinationale Menschen in übergroßen T-Shirts, Leggins, gekrempelten Hosen, Bomberjacken und Joggingschuhen, die sicher irgendwelche komplizierten Nummernbezeichnungen haben und von einem HipHop-Star designt wurden. An der Bar werden Longdrinks oder gleich Weinflaschen bestellt. Ich komme mir hier in meinen ausgelatschten Chucks, alter Kapuzenjacke und mit einem Bier in der Hand wenig jung, schön und hip vor. Doch die Künstlerin, zu deren Konzert alle gekommen haben, passt sehr gut in dieses Umfeld der modernen Bohème, liefert sie doch den zeitgeistigen Soundtrack zu deren Leben. Die versammelte urbane Adoleszenz sucht und findet sich nur zu gerne in Kelelas eklektischem R´n´B-Hybrid-Sound, der in seinen besten Momenten fast existenzialistisch wirkt.
Doch zunächst lässt die Sängerin und Produzentin aus Washington, D.C. Berlin-typisch längere Zeit auf sich warten, bevor sie unvermittelt auf der in blaues Licht getauchten, kleinen Bühne steht. In schwarzem Top ohne Ärmel, aber mit hohem Kragen passt sie sich nahtlos an das hohe Hipness-Level an. Leider merke ich schon zu Beginn des Konzerts, dass das Prince Charles eine suboptimale Konzert-Location ist: Zu klein der Raum vor der zu niedrigen Bühne, so dass sich ab der fünfte Reihe nur mehr erahnen lässt, was vorne passiert. Viele finden gar keinen Platz mehr, so dass Podeste und Stühle rund um die Bar stehenderweise als Aussichtsplattformen verwendet werden. Aber der Sound, den Kelela zusammen mit ihrem DJ erzeugt, ist dafür sehr gut. Der Bass ist amtlich, und auch Kelelas Gesang, meist mit Kopfstimme, kommt klar beim Publikum an. Die ersten Songs sind im Downtempo gehalten, zu verschleppten Drum-Patterns und verspielten Synthesizer-Motiven kündet die Sängerin von problematischen Beziehungen. Aber im Laufe des Konzerts ziehen sie und ihr DJ das Tempo mehr und mehr an, zu gesplitterten Dubstep-Beats animiert Kelela das Publikum zum tanzen, so dass bald eine kleine Block Party im Club steigt. Am Ende tropft der Schweiß von der Decke.
Draußen, gleich neben dem Prince Charles, sitzen nach dem Konzert noch weitere junge, hippe Menschen vor großen Weingläsern in der lauen Abendluft. Vielleicht schaut Kelela noch auf einen Drink vorbei.