Wolf Alice – Visions Of A Life

In Reviews von Eric

Mit ihrem Debütalbum „My Love Is Cool“ setzten sich Wolf Alice 2015 fulminant auf die Karte der interessantesten neuen Gitarrenbands. Die Mischung aus folkiger Bedacht, grungiger Wut und shoegaziger Transzendenz verband bekannte Versatzstücke zu einer reizvollen, unterhaltsamen und unverwechselbaren Mischung. Der Nachfolger „Visions Of A Life“ definiert den Stil des Londoner Quartetts nun weiter aus und präsentiert sich als die Veredelung eines sowieso schon sehr guten Gemenges.

Bassist Theo Ellis und Drummer Joel Amey balancieren die Rhythmussektion gekonnt zwischen Komplexität und Direktheit, die Gitarristen Joff Oddie und Ellie Rowsell wechseln leichthändig zwischen Zartheit und Krach, und Rowsells Gesang beeindruckt mit aggressiven Shout-Parts genauso wie mit engelsgleichen Chorälen. Letzteres trifft vor allem auf das herausragende Stück „Don’t Delete The Kisses“ zu, das erhabene Cocteau-Twins-Stimmung verbreitet und diese in Shoegaze-Hall taucht. Zudem trifft Rowsell in ihren Spoken-Word-Parts punktgenau die Stimmung zwischen Unsicherheit und Aufregung, wenn man jemand Neues kennenlernt: „Instead I’m typing you a message that I know I’ll never send, rewriting old excuses, delete the kisses at the end.“ Doch Wolf Alice können auch den Punk entfesseln wie im heftigen Zweiminüter „Yuk Foo“, in dem es laut Rowsell darum geht, sich als junge Frau nicht alles bieten zu lassen. Der Opener „Heavenward“ verbindet auf hymnische Weise verhallte Shoegaze-Gitarren mit Pop-Glückseligkeit. „Formidable Cool“ erinnert an einen Stone-Roses-Track, der auf das Notwendigste eingedampft wurde und dem ein paar trockene Josh-Homme-Gitarren beigefügt wurden. Der Titeltrack zum Abschluss ist eine fast achtminütige Mini-Rockoper, wie man sie von Muse erwarten könnte, würden sie ihren sinnentleerten Bombast und ihre Paranoia über Bord werfen.

„Visions Of A Life“ fängt hervorragend die Stimmung der Twens im Jahr 2017 ein, die von Angst und Wut genauso befeuert wird wie von Hilflosigkeit, Taubheit und einer gewissen Ignoranz. Wolf Alice haben dies alles in ein dynamisches, pulsierendes, kritisches, tiefgehendes und cooles Album gepackt.

Tracklisting

  1. Heavenward
  2. Yuk Foo
  3. Beautifully Unconventional
  4. Don’t Delete The Kisses
  5. Planet Hunter
  6. Sky Musings
  7. Formidable Cool
  8. Space & Time
  9. Sadboy
  10. St. Purple & Green
  11. After The Zero Hour
  12. Visions Of A Life